Am 5. Oktober 2003 wurde der aus Oies im Gadertal stammende Steyler-Missionar, P. Josef Freinademetz, von Papst Johannes Paul II. heilig gesprochen. Zur Heiligsprechung des ladinischen Missionars, der den größten Teil seines Lebens in China verbracht hatte, fanden sich Tausende von Gläubige am Petersplatz in Rom ein, darunter auch mehr als 1.200 Südtiroler, die aus diesem Anlass an der großen Wallfahrt der Diözese Bozen-Brixen teilnahmen.
Die Heiligsprechung war der Höhepunkt eines umfangreichen Programms, durch welches sich die Diözese mit der Person des neuen Heiligen eingehender auseinandergesetzt hat; bereits Monate vorher wurden verschiedene Veranstaltungen organisiert, um auch den pastoralen Einsatz von Josef Freinademetz zu würdigen und zugleich seine Lehren weiter zugeben. Die Lebenserfahrung des Missionars aus dem Gadertal wird auch weiterhin in besonderer Weise begleitend für die seelsorglichen Tätigkeiten im diözesanen Arbeitsjahr 2004-2005 sein.
"Frena de mezz", "auf dem mittleren Hang" wurde Josef Freinademetz am 15. April 1852 als viertes von 13 Kindern einer Bergbauernfamilie in der Gemeinde Abtei/Oies geboren und 1875 zum Priester geweiht. Nach zweijährigem Wirken in St. Martin im Gadertal als Kooperator, Seelsorger und Lehrer, zog es ihn in die Ferne und er trat am 27. August 1878 dem neu gegründeten Missionsorden der Steyler bei. Im März 1879 reiste er zusammen mit dem späteren Bischof Johann Baptist Anzer nach China, in eine unbekannte Zukunft. Nach einer Zeit der Einarbeitung in Hongkong und Saikung, bauten die beiden Missionare 1881 die Südshantung-Mission mit damals 158 Christen auf und Freinademetz arbeitete fast 30 Jahre in dieser Mission. Es war eine harte Aufgabe, im damaligen kaiserlichen China zu arbeiten. Mit einem Maultier und einem zweirädrigen Karren zog er von Station zu Station, legte Fußmärsche in die Berge von Gemeinde zu Gemeinde zurück, oft unter Lebensgefahr, Verleumdungen, Enttäuschungen, Anfeindungen. Immer wieder bedrohten Unruhen, Räuber und Aufruhr sein Leben und zerstörten so manch glücklich Begonnenes wieder.
Doch unermüdlich und voll gewinnender Güte war er tätig als Pionier und Wandermissionar, in der Betreuung der Neuchristen, für die Ausbildung guter Katechisten, die Heranbildung einheimischer Priester und in der Sorge für die Missionare selber, deren Oberer er seit 1900 war.
"Fu Shen-Fu" - "Vater des Glücks" - nannten die Chinesen P. Freinademetz. Äußerlich durch die dunkelseidenen Gewänder der chinesischen Literaten, mit Kappe, Zopf und Bart in einen Chinesen "verwandelt", passte er sich auch geistig rasch dem Volk an und beherrschte seine Sprache in wenigen Jahren so gut, dass Gelehrte ihn darum beneideten.
P. Freinademetz, der während seiner Mission mehrmals fast zu Tode misshandelt wurde, erkrankte im Dienst der Typhuskranken und verstarb am 28. Januar 1908 in Taikia bei Tsining an Typhus. Bereits vorher behinderte ihn ein schweres Kehlkopfleiden beim Sprechen und auch die Lunge war stark angegriffen. Doch einen Erholungsurlaub in der Heimat schlug er aus, mit den Worten: "Für meine Chinesen will ich leben und sterben."
Beigesetzt wurde P. Freinademetz auf dem Friedhof in Taikia unter der 12. Kreuzwegstation. Das Grab soll noch existieren, sein Leichnam wurde jedoch während der Kulturrevolution exhumiert und verbrannt.
Die Mission von P. Freinademetz war getragen von einer tiefen Achtung vor dem chinesischen Volk und der Liebe zu ihm. Er war zwar Südtiroler, aber China ist für ihn so zur Heimat geworden, dass er sagte: "Ich bin schon mehr Chinese als Tiroler und will auch im Himmel Chinese bleiben." Dieser Ausspruch unterstreicht mehr als alles andere die Persönlichkeit des ersten Steyler Missionars Josef Freinademetz.
Im Leben von seinen Mitbrüdern und von den Christen in gleicher Weise geachtet und geliebt, wurde Freinademetz schon bald nach dem Tode als Heiliger bezeichnet und mehr und mehr von vielen Gläubigen, besonders in China, in Südtirol und Österreich, um seine Fürbitte angerufen. Im Jahre 1936 begann der Informativprozess und 1951 der Apostolische Prozess für die Seligsprechung. Dieser wurde 1970 mit dem Dekret über den heroischen Grad seiner Tugend und 1974 mit dem Dekret über das zur Seligsprechung anerkannte Wunder abgeschlossen. Am Weltmissionssonntag, dem 19. Oktober 1975, wurde Freinademetz zusammen mit dem Steyler Gründer Arnold Janssen selig gesprochen. Die Kirche feiert das Fest des seligen Josef Freinademetz am 29. Januar.
Von einer "wundersamen Heilung", die zur Seligsprechung von Josef Freinademetz geführt hat, wird in Südtirol berichtet: Der kleine Heinrich Mutschlechner war gerade vier Jahre alt, als er schwer erkrankte; er hatte eine Art Lungeninfektion und hohes Fieber. Am 15. April 1943 riefen die Ärzte die Eltern ins Krankenhaus nach Bruneck, um ihnen mitzuteilen, dass Heinrich innerhalb weniger Stunden sterben werde. Die Eltern suchten Hoffnung im Gebet, in der Bitte um Fürsprache an den Chinamissionar P. Freinademetz und viele Bekannte und Ordensschwestern schlossen sich ihnen an. Am Morgen des 18. April wachte der Bub auf und war völlig gesund. "Ein Wunder", kam es daraufhin dem Arzt über die Lippen.
Für die Heiligsprechung ist nach kirchlichen Vorschriften ein weiteres auf die Fürbitte des seligen P. Freinademetz gewirktes Wunder erforderlich. Zwar nicht aus China, wohl aber aus dem asiatischen Raum stammt die Meldung von einer anderen "wundersamen Heilung", die, nach umfangreichen Überprüfungen, nun zu seiner Heiligsprechung führt. An einem Studenten in Japan soll 1987 durch die Anrufung des seligen China-Missionars ein "Wunder" erfolgt sein. Der junge Mann, der an einer Universität unter der Leitung der Steyler Missionäre studierte, hatte dort auch von P. Freinademetz gehört. Er litt an Leukämie und die japanischen Ärzte sahen keine Hoffnung mehr. Die Familienangehörigen hatten bereits das Begräbnis vorbereitet, und schon am Sterbebett liegend hat der junge Student den Priester aus Abtei um Hilfe gebeten. Der junge Japaner wurde von der Krankheit geheilt.